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.Sie trachten mehr oder weniger danach, dasWesen ihres Prinzipals auf ihre eigene Natur zu übertragen,wie es bei pseudomorphen Kristallen der Fall ist: manchmalleiden sie darunter, häufig empfinden sie Freude darüber, undsie beachten zwei unterschiedliche Verhaltensmuster, jenachdem, ob sie in eigener Person oder »in Ausübung ihrerFunktionen« handeln.Oft kommt es vor, daß diePersönlichkeit des Prinzipals sie derart durchdringt, daß ihrenormalen menschlichen Kontakte gestört werden und siedeshalb Junggesellen bleiben; bei der mönchischenLebensweise, die das nahe Zusammenleben und dasUntertanenverhältnis zur höheren Autorität mit sich bringt, istder Zölibat tatsächlich Pflicht und wird hingenommen.Caselliwar ein schlichter, schweigsamer Mann, in dessen traurigem,aber doch stolzem Blick man lesen konnte:- Er ist ein großer Wissenschaftler, und ich als sein»Famulus« bin ebenfalls ein bißchen groß;- wenn ich auch unbedeutend bin, so weiß ich doch Dinge,die er nicht weiß;- ich kenne ihn besser als er sich selbst; ich sehe seineHandlungen voraus;- ich habe Macht über ihn, verteidige und beschütze ihn;- ich kann schlecht über ihn reden, da ich ihn liebe; euch istdas nicht gestattet;- seine Grundsätze sind richtig, aber er wendet sie lässig an,und »früher war das anders«.Wenn ich nicht wäre&Und tatsächlich leitete Caselli das Institut mit noch größererSparsamkeit und Abneigung gegen alles Neue als P.selbst.Mir war es am ersten Tag beschieden, Zinksulfatherzustellen: das konnte nicht allzu schwer sein, man brauchtenur eine einfache stöchiometrische Berechnung vorzunehmenund das gekörnte Zink mit der vorher verdünntenSchwefelsäure anzugreifen; dann wurde die Lösungeingedampft, mußte kristallisieren, dann wurde mit der Pumpegetrocknet, gewaschen, und man ließ erneut kristallisieren.Zink, zinc, zinco: daraus werden Waschzuber hergestellt, es istein Element, das die Phantasie nicht anregt, es ist grau, undseine Salze sind farblos, es ist nicht giftig, zeigt keinauffälliges Farbverhalten, ist alles in allem ein langweiligesMetall.Die Menschheit kennt es seit zwei, drei Jahrhunderten,es ist mithin kein ruhmbeladener Veteran wie das Kupfer undauch keines dieser ganz jungen Elementchen, denen noch dasAufsehen ihrer Entdeckung anhaftet.Caselli händigte mir mein Zink aus, ich kehrte zum Tischzurück und machte mich an die Arbeit: ich war neugierig,fühlte mich »geniert« und ein wenig verzagt, wie wenn mandreizehn Jahre alt ist und in den Tempel gehen und vor demRabbiner auf hebräisch das Gebet des Bar Mizwa" aufsagenmuß; der lang herbeigesehnte, ein wenig gefürchteteAugenblick war gekommen.Die Stunde des Stelldicheins mitder Materie, dem großen Widersacher des Geistes, mit derHyle"", dem Urstoff, der kurioserweise in den Endungen derAlkylreste, wie Methyl, Butyl und dergleichen, einbalsamiertist, hatte geschlagen.Den anderen Rohstoff, den Partner des Zinks, das heißt dieSchwefelsäure, brauchte man sich nicht von Caselli zu holen,sie war überall reichlich vorhanden.Natürlich konzentriert: mitWasser zu verdünnen; aber aufgepaßt, in allen Abhandlungensteht geschrieben, man muß umgekehrt vorgehen, daß heißt dieSäure ins Wasser gießen und nicht umgekehrt, sonst wirddieses so harmlos aussehende Öl fuchsteufelswild: das wissensogar die Schulkinder.Dann wird das Zink in die verdünnteSäure gegeben.In den Lehrheften stand ein Detail, ich hatte es beim erstenLesen übersehen.Das so zarte, empfindliche Zink, Säurengegenüber so nachgiebig, daß sie es mit einem Bissenverschlingen, verhält sich ganz anders, wenn es sehr rein ist:"Gebet des Bar Mizwa: Bar Mizwa heißt auf Hebräisch »Sohn desGesetzes«.So wird der dreizehnjährige Junge genannt, wenn er nach einerPrüfung vor dem Rabbiner in die Religionsgemeinschaft aufgenommenwird.""38 Hyle: (griech.) »Materie«; die Gegenspielerin des Geistes.dann widersetzt es sich hartnäckig jeder Verbindung.Mankonnte daraus zwei einander widersprechende philosophischeSchlußfolgerungen ziehen: das Reine preisen, das wie einSchild vor dem Bösen schützt; oder das Unreine preisen, dasden Weg freigibt zu Veränderungen und damit zum Leben.Ichverwarf die erste, widerwärtig moralische und verweilte beider Betrachtung der zweiten, die mir näher lag.Damit das Radsich dreht, damit das Leben lebt, dazu bedarf es des Unreinenund des Unreinen vom Unreinen: auch, wie man weiß, imBoden, wenn er fruchtbar sein soll.Es muß den Dissens, dasAndersartige, das Salz- und das Senfkorn geben; derFaschismus möchte dies nicht, er verbietet es, und deshalb bistdu nicht Faschist; er will, daß alle gleich sind, und du bist nichtgleich.Aber auch die makellose Tugend gibt es nicht, oderwenn es sie gibt, so ist sie widerwärtig [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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.Sie trachten mehr oder weniger danach, dasWesen ihres Prinzipals auf ihre eigene Natur zu übertragen,wie es bei pseudomorphen Kristallen der Fall ist: manchmalleiden sie darunter, häufig empfinden sie Freude darüber, undsie beachten zwei unterschiedliche Verhaltensmuster, jenachdem, ob sie in eigener Person oder »in Ausübung ihrerFunktionen« handeln.Oft kommt es vor, daß diePersönlichkeit des Prinzipals sie derart durchdringt, daß ihrenormalen menschlichen Kontakte gestört werden und siedeshalb Junggesellen bleiben; bei der mönchischenLebensweise, die das nahe Zusammenleben und dasUntertanenverhältnis zur höheren Autorität mit sich bringt, istder Zölibat tatsächlich Pflicht und wird hingenommen.Caselliwar ein schlichter, schweigsamer Mann, in dessen traurigem,aber doch stolzem Blick man lesen konnte:- Er ist ein großer Wissenschaftler, und ich als sein»Famulus« bin ebenfalls ein bißchen groß;- wenn ich auch unbedeutend bin, so weiß ich doch Dinge,die er nicht weiß;- ich kenne ihn besser als er sich selbst; ich sehe seineHandlungen voraus;- ich habe Macht über ihn, verteidige und beschütze ihn;- ich kann schlecht über ihn reden, da ich ihn liebe; euch istdas nicht gestattet;- seine Grundsätze sind richtig, aber er wendet sie lässig an,und »früher war das anders«.Wenn ich nicht wäre&Und tatsächlich leitete Caselli das Institut mit noch größererSparsamkeit und Abneigung gegen alles Neue als P.selbst.Mir war es am ersten Tag beschieden, Zinksulfatherzustellen: das konnte nicht allzu schwer sein, man brauchtenur eine einfache stöchiometrische Berechnung vorzunehmenund das gekörnte Zink mit der vorher verdünntenSchwefelsäure anzugreifen; dann wurde die Lösungeingedampft, mußte kristallisieren, dann wurde mit der Pumpegetrocknet, gewaschen, und man ließ erneut kristallisieren.Zink, zinc, zinco: daraus werden Waschzuber hergestellt, es istein Element, das die Phantasie nicht anregt, es ist grau, undseine Salze sind farblos, es ist nicht giftig, zeigt keinauffälliges Farbverhalten, ist alles in allem ein langweiligesMetall.Die Menschheit kennt es seit zwei, drei Jahrhunderten,es ist mithin kein ruhmbeladener Veteran wie das Kupfer undauch keines dieser ganz jungen Elementchen, denen noch dasAufsehen ihrer Entdeckung anhaftet.Caselli händigte mir mein Zink aus, ich kehrte zum Tischzurück und machte mich an die Arbeit: ich war neugierig,fühlte mich »geniert« und ein wenig verzagt, wie wenn mandreizehn Jahre alt ist und in den Tempel gehen und vor demRabbiner auf hebräisch das Gebet des Bar Mizwa" aufsagenmuß; der lang herbeigesehnte, ein wenig gefürchteteAugenblick war gekommen.Die Stunde des Stelldicheins mitder Materie, dem großen Widersacher des Geistes, mit derHyle"", dem Urstoff, der kurioserweise in den Endungen derAlkylreste, wie Methyl, Butyl und dergleichen, einbalsamiertist, hatte geschlagen.Den anderen Rohstoff, den Partner des Zinks, das heißt dieSchwefelsäure, brauchte man sich nicht von Caselli zu holen,sie war überall reichlich vorhanden.Natürlich konzentriert: mitWasser zu verdünnen; aber aufgepaßt, in allen Abhandlungensteht geschrieben, man muß umgekehrt vorgehen, daß heißt dieSäure ins Wasser gießen und nicht umgekehrt, sonst wirddieses so harmlos aussehende Öl fuchsteufelswild: das wissensogar die Schulkinder.Dann wird das Zink in die verdünnteSäure gegeben.In den Lehrheften stand ein Detail, ich hatte es beim erstenLesen übersehen.Das so zarte, empfindliche Zink, Säurengegenüber so nachgiebig, daß sie es mit einem Bissenverschlingen, verhält sich ganz anders, wenn es sehr rein ist:"Gebet des Bar Mizwa: Bar Mizwa heißt auf Hebräisch »Sohn desGesetzes«.So wird der dreizehnjährige Junge genannt, wenn er nach einerPrüfung vor dem Rabbiner in die Religionsgemeinschaft aufgenommenwird.""38 Hyle: (griech.) »Materie«; die Gegenspielerin des Geistes.dann widersetzt es sich hartnäckig jeder Verbindung.Mankonnte daraus zwei einander widersprechende philosophischeSchlußfolgerungen ziehen: das Reine preisen, das wie einSchild vor dem Bösen schützt; oder das Unreine preisen, dasden Weg freigibt zu Veränderungen und damit zum Leben.Ichverwarf die erste, widerwärtig moralische und verweilte beider Betrachtung der zweiten, die mir näher lag.Damit das Radsich dreht, damit das Leben lebt, dazu bedarf es des Unreinenund des Unreinen vom Unreinen: auch, wie man weiß, imBoden, wenn er fruchtbar sein soll.Es muß den Dissens, dasAndersartige, das Salz- und das Senfkorn geben; derFaschismus möchte dies nicht, er verbietet es, und deshalb bistdu nicht Faschist; er will, daß alle gleich sind, und du bist nichtgleich.Aber auch die makellose Tugend gibt es nicht, oderwenn es sie gibt, so ist sie widerwärtig [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]